Idioten und Schneehasen

Heute kamen die Idioten. Morgens sagte ich E. schon: krächzend und erkältet: Mensch, heute kommen doch die Idioten. Och ja, murmelte sie, natürlich, die Idioten kommen ja heute. Unsere wahnsinnige Hausbesitzerin (touch me up) plant schon lange so einiges. Die Küchenschränke müssen erneuert werden. Die Wohnzimmerdecke frisch gestrichen. Rufen wir sie an, um über illegale Verdrahtung im Haus und Feuergefahr zu sprechen, ruft sie nur: Die Küchenschränke! Die Küchenschränke müssen erneuert werden, die Decke muss gestrichen werden! Wir melden Bedenken, der Wasserkessel sei schon ganz schön alt, könne eventuell explodieren und wie eine Rakete durchs Dach schießen, aber am anderen Ende der Leitung brabbelt es: Küchenschränke, Küchenschränke, Küchenschränke. Und seit einiger Zeit auch: Wohnzimmerdecke! Wohnzimmerdecke! Wohnzimmerdecke!. Im Winter. Bei fest verschlossenen Türen. Abends, im Dunkeln. Saudumm! Lange haben wir uns herumgedrückt, aber heute kommen eben doch die Idioten. Wir planen fürs Abendessen die Flucht zum Italiener.

Und die Idioten kamen, haben aber, zu unserer großen Überraschung, ihre Sache ganz gut gemacht, und arg stinkts auch nicht, alles Banane, wie man vor 20 Jahren, als ich noch fließend Deutsch sprach, manchmal sagte. Sie hatten natürlich keine Abdeckfolie, mussten sie erst mal shoppen, die Farbe ging sowieso aus, und alles wurde freihand gestrichen, nicht abgeklebt, aber trotzdem siehts relativ gut aus. Keine Flecken auf Klavier oder Sofa.

Alles gut? Gibts bei Frau Hausbesitzerin nicht. Per definitionem geht bei ihr IMMER alles schief, ich nenne das den katastrofischen Charakter. Grad kam Christian, der Haupthandyman zurück von der verzweifelten und letzendlich nutzlosen Suche nach der Farbe, die "Mrs." Hausbesitzerin wahrscheinlich im Ausverkauf gekauft hatte, und die nicht mehr hergestellt wird, da klingelt das Telefon. Die Krampfhenne natürlich. Ob Christian hier pot geraucht habe beim Anstreichen? Nee, sag ich, ist mir nicht aufgefallen (echt nicht, Ehrenwort). Aber, er habe sie angeschrien am Telefon (wundert mich überhaupt nicht, schon aber, daß ich nicht auch schreie) , und sie werde auf keinen Fall mehr mit ihm zusammenarbeiten, usw., usw. Christian, 2m 30 groß, schaut mich derentweilen mit seinen sanften Rehäuglein an, irgendwie hängt sein Gesicht ein bisschen schief, lugt er etwas unsicher schräg in den Raum. Ja, ja, sage ich, ja, ja, ja, ja. Ja! Endlich wird aufgelegt. Wir rücken die Möbel recht, ziehen 12 Lagen Technische outdoor wear über und knirschen zum Italiener.

Lecker gegessen, und, trotz zunehmender Erkältung zufrieden mit Pasta und Schokoladentorte knarzen wir im Dunkeln zurück durchs ewige Eis. Der Weg führt durch einen kleinen Park. Hah, wen haben wir da denn aufgestöbert: zwei dicke Schneehasen. Zusammen mit den Kids renne ich drauf los, wir nehmen die Jagd auf. Hullaa, holla, heissa! Immer rum um den Kinderspielplatz im wadentiefen Schnee. Was hopsen die Hasen! Was fliegen sie durch die Luft mit allen 4 Pfoten zugleich sich abstoßend in großen Sprüngen! Die erkälteten Lungen brennen, aber es war prächtig. Schnell nach Hause jetzt, in die frischgestrichene Wohnung! Hatschi!